Proconsulis/Kaiserlicher Finanzprokurator I - Claudius Paternus Clementianus

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Proconsulis/Kaiserlicher Finanzprokurator I

Karriere-Laufbahn
"PROCONSUL(IS) JUDAE"

Octobris 868 - ab urbe condita (A.D. 115)
Im 18. Regierungsjahr des erhabenen Trajan

arbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli
Ein Barbar bin ich hier, da ich von keinem verstanden werde.
(Ovid
*43 v. Chr.,17 n. Chr.)
 

 
 Nach Abschluß meiner militärischen Laufbahn vor zwei Jahren als Legionstribun der Auxiliareinheit der Ala Siliana in der Provinz Pannonia inferior hieß es Abschied nehmen von meiner Truppe im Garnisonsort Alta Ripa. Nachdem ich bei meinem Besuch mit Hadrian in Rom vor 3 Jahren meine neue Dienstaufgabe in der Provinz Judaea übertragen bekommen hatte, galt es mich auf diese neue Aufgabe auch vorzubereiten. Bei meiner Ankunft im neuen Aufgabenort wurde ich in dieses Amt durch meinen Vorgänger - Quintus Pompejus Falco[1] eingewiesen. Falco stammte, wie ich von ihm vernahm, aus vornehmer Familie aus Sicilia[2], wo seine Eltern große Ländereien besaßen. Dieser hatte als Volkstribun Ende des vorigen Jahrhunderts den gelehrten Plinius[3] (d.Jüngeren) kennengelernt, und stand im regen Briefwechsel mit ihm. Als Legat Kaiser Trajan’s im ersten Dakerkrieg befehligte er die Legio V Macedonia, und war danach bereits Statthalter von Lycia & Pamphilia[4], bevor er zum Statthalter von Judaea, und Kommandant der Legio X fretensis abkommandiert wurde. Von ihm erfuhr ich die notwendigen Details meines neuen Einsatzortes, sowohl in politischer, als auch militärischer Hinsicht, als auch wertvolle Tips für meinen neuen zivilen Aufgabenbereich.

   Mein neuer Aufenthaltsort war nunmehr die Hafenstadt Colonia Caesarea maritima[5]. Die Siedlung wurde vor über 120 Jahren von dem ehemaligen Klientelkönig Herodes[6] (d.Große) zu Ehren unseres ersten Imperators Augustus[7],(Imperator Caesar Augustus) anstelle einer ehemaligen kleinen Hafensiedlung - Turris Stratonis[8] - ausgebaut. Die Stadt lag günstig gelegen direkt an der Küste, an einer Landzunge gelegen, was ein hervorragendes mildes Meeresklima begünstigte. Neben den vielen zivilen Bauten, entstanden an kulturellen Bauwerken, ein Theater, ein Hippodrom auch Amphitheater. Auch eine hervorragende Wasserversorgung wurde durch ein über 4 Meilen langes Äquadukt gewährleistet, von dem Frischwasser aus dem ca. 7 Meilen entfernten Karmel-Gebirges geleitet wurde. Die Palastanlage in der nun der Sitz meiner Verwaltungsbehörde war, lag in unmittelbarer Nähe des Amphitheaters, am Ende der Landzunge, die ein hervorragendes Panorama auf das westwärts gelegene mare nostrum[9] ermöglichte. Durch seine hervorragende Lage, bot dieser Ort aufgrund seiner in der Ebene an der Nord-Südachse gelegene Küstenstrasse die, die im Norden gelegene Provinz Syria verband, als auch der Querverbindung zum Tal des Jordanes nach Osten hin, in die Nachbarprovinz Arabia im Osten gelegen, einen idealen geopolitischen Stützpunkt.

   Meine jetzige Aufgabe als kaiserlicher Statthalter und persönlicher Beauftragter von Trajan – im Range eines Procuratores centenari[10] bestand unter anderem darin den fiscus judaicus[11] zu verwalten. Zugute kam mir dabei, daß ich bereits einiges an Erfahrung auf diesem Gebiet während meiner anfänglichen Stationierung in Augusta Vindelica[12] zurückblicken konnte. Vor fast 30 Jahren, als ich von meinem Elternhaus auszog, hatte ich damals unter der Assistenz meines alten Mentors Lucius Proximus erste Erfahrungen mit zivilen Verwaltungsaufgaben bekommen, die mir nun in meiner neuen Aufgabe sehr hilfreich waren. Trotz allem galt es nun diese Distanz an Jahren, in denen sich die römischen Verwaltungsvorgaben auch in dieser entfernten Provinz weiterentwickelt hatten, einiges dazuzulernen.

   Nachdem der jüdische Aufstand vor über 44 Jahren durch unsere Truppen niedergeschlagen wurde, und die ehemalige Hauptstadt Jerusalem dem Erdboden gleichgemacht worden war, galt es die neu errichtete Provinz verwaltungstechnisch neu zu ordnen. Die Steuern die nunmehr durch das römische Reich von der jüdischen Bevölkerung erhoben wurden, gingen durch die lokale Steuereinzugsstelle danach direkt nach an den Jupiter-Optimus-Maximus-Tempel in Rom. Neben der Finanzverwaltung, sowie repräsentativen Aufgaben für Besucher und regionale politische Würdenträger, galt es vor allem auch das römische Recht in der Gerichtsbarkeit der Provinz auszuführen. Die in der Provinz hauptsächlich stationierte „Legio X fretensis[13]“, hatte ihr Hauptlager auf der westlichen Hügelerhebung der ehemaligen jüdischen Siedlung Jerusalem. Anstelle der zerstörten jüdischen Stadt, hatte sich in den letzten Jahrzehnten eine kleine römische Ansiedlung – Aeilia Capitolina[14] entwickelt. Legionsveteranen, deren Familien, Kaufleute, siedelten sich in diesem unbefestigten Gebiet, zwischen den zerstörten ehemaligen Siedlungsresten an. Kleine Tempelanlagen, Triumphbögen, öffentliche Gebäude, und Badeanlagen, sowie Äquadukte zur regionalen Wasserversorgung, vor allem eine ausgezeichnetes läuteten eine neue römische Siedlungsperiode ein, nachdem der ehem. restlichen jüdischen Bevölkerung der Zutritt zur Siedlung verwehrt war.
Weitere Vexillationen[15] verteilten sich dann östlich von Jericho nahe vom mare nortuum[16] nordwärts längs dem Jordanes[17], bis nach Samaria und Galiläa. Ansiedlungen wie Flavia Neapolis[18], Sebeste[19] und Scythopolis[20], um nur einige zu nennen, waren bedeutende Stützpunkte, die sich aus älteren Ansiedlungen der jüdischen Geschichte entwickelt hatten. Von Skythopolis aus erstreckte sich dann bis zur Küste des mare nostrum im Westen und dem Hafen Caesarea eine fruchtbare Ebene, die zu beiden Seiten von mächtigen Gebirgen flankiert wurden. Durch die Expansion Roms in den östlichen asiatischen Raum in Richtung zum parthischen Reich, bedingten sich hier in den Provinzen Judaea und Syria zahlreiche militärische Stützpunkte, die zur Absicherung der Reichsgrenzen durch weitere Legionen verstärkt wurden. So war eine Vielzahl meines Aufenthaltes in dieser Provinz, durch ständige Reisen in das Provinzgebiet Galiläa, Samaria, Judäa und Idumea erforderlich, um die militärischen Stützpunkte zu besuchen. Es galt sich mit den lokalen Legionskommandanten, sowie zivilen Siedlungsoberhäuptern auszutauschen, um die politische Lage der Bevölkerung zu inspizieren, kurz und gut beständig das römische Recht und die Durchführung dessen notwendiger Aufgaben zu überwachen. Diese Aufgabe war nicht immer einfach, herrschte jedoch seit der Niederschlagung des damaligen jüdischen Aufstandes immer eine beständige Angespanntheit unter der zivilen Bevölkerung. Das Volk, vor allem aber auch dessen Klerus, sowie fanatische Gruppierungen, der sogenannten Zeloten[21] und sonstige religiöse Splittergruppen, zeigten sich der römischen Zivilbarkeit, als auch seiner kulturellen Errungenschaften, immer wieder als widerspenstig. Hatte doch damals vor über 80 Jahren schon der ehemalige römische Statthalter Pontius Pilatus[22] in Caesarea mit großen Demonstrationen[23] und später auch unter Gessius Florus[24]  mit dem Widerstand der Bevölkerung zu tun, das dann endgültig zur Zerschlagung des Aufstandes in Jerusalem und dessen Zerstörung vor 50 Jahren führte, und das Leben von über 20.000 Juden kostete. Leider war dieser Umstand auch auf die Grausamkeit von Gessius Florus zurückzuführen, der wie in den Schriften des jüdischen Historikers und späteren römischen Geschichtsschreibers Flavius Josephus[25] erwähnt, sich folgendermaßen ausdrückte: Kein Mitleid, in seiner Ruchlosigkeit keine Scham, und nie hat einer so die Wahrheit in Lüge verkehrt oder schlauere Mittel ersonnen, um verbrecherische Absichten zu erreichen“.
  
 
   Um wie vieles mehr und besser würde die Geschichte verlaufen, wenn alle Parteien mehr die Kommunikation und Vernunft, sowie Respektierung der vorherrschenden Ordnung pflegen würden. Wie ich feststellen musste, hängt es oft an der eigenen Person und den persönlichen Handlungsentscheidungen. In meiner bisherigen militärischen Laufbahn habe ich oft feststellen müssen, daß der Fortschritt nicht aufgehalten werden kann. Entscheidend war aber auch die Vorstellung wie man diesen Fortschritt in die urbane Zivilisation und Volksgemeinschaften trug, dies gilt auch für die militärische Besetzung der verschiedenen Gebiete und später daraus entstehenden Provinzen. Ich denke dabei oftmals an meine Heimat – Raetien – die vor über 100 Jahren von den Römern besetzt, sich später dann aber in friedlicher Vermischung mit der keltischen Urbevölkerung verschiedener Stammesgruppierungen wie Raeter, Vindeliker, Noriker u.a. assimilierten. Solche Gedanken konnte ich jedoch völlig offen nur mit meinem Verwaltungsgehilfen Mamertus in meiner freien Zeit diskutieren, hatte er doch selbst am eigenen Leib diese Erfahrungen gemacht, als er am Hofe eines dakischen Adeligen aufwuchs, und später im Dakerkrieg gefangengenommen wurde, bis ich ihn auf einem Sklavenmarkt in Alta-Ripa entdeckt und freigekauft hatte. Seitdem war er über sechs Jahre bislang treu in meinen Diensten, und hatte sich hervorragend zur Hilfestellung in meine Verwaltungsaufgaben eingearbeitet.


Weitere Leseprobe - Proconsul(is) Judae (kaiserlicher Finanzprokurator) ......


[ 1] Quintus Pompejus Falco = römischer Militär, Politiker und Senator zur Zeit der Kaiser Domitian, Nerva, Trajan und Hadrian.
     durch archäolog. Fund (Militärdiplom) belegt, als Suffektkonsul  mit einem Marcus Licius Lustricus Bruttianus
[ 2] Sicilia = Insel Sizilien
[ 3] Plinius = (*62, † 113 n.Chr.) bedeutender Gelehrter, und Bekannter Trajan‘s
[ 4] Lycia & Pamphilia = heutige Südtürkei
[ 5] Caesarea maritima = ab 70 n.Chr. Hauptstadt der röm. Provinz Judaea am Mittelmeer gelegen
[ 6] Herodes = (d.Große; * 73 - †4 v.Chr.), jüdischer Vasallenkönig Roms
[ 7] Augustus = geb. Gajius Octavius; Großneffe Caesars; (*63 v.Chr., ab 33 röm. Kaiser - † 14 n.Chr.)
[ 8] Turris Stratonis = Turm des Straton
[ 9] Mare nostrum = Mittelmeer
[10] Procuratores centenarii = röm. Verwaltungs-/Finanzbeamter/Statthalter (Jahresgehalt 100.000 Sesterzen)
[11] Fiscus judaicus = lat. Bezeichnung für jüdische Steuer
[12] Augusta Vindelica = Augsburg
[13] Legio X fretensis = röm. Legionsarmee, 41/40 v. Chr. von Octavian, (Augustus) aufgestellt. Bestand bis ins frühe 5. Jhdt.
[14] Aeilia Capitolina = ehem. Militärlager, spätere Siedlung, ab 130 n.Chr. Durch Kaiser Hadrian zur „colonia“ (Stadt) erhoben
[15] Vexillationen = Unterabteilungen
[16] Mare nortuum = Totes Meer
[17] Jordanes = Jordan-Fluß-/Tal
[18] Neapolis = Colonia Flavia Neapolis, (biblisches Sichem, hebräisch: Shekem) heutiges Nablus
[19] Sebeste = (Samaria) antike Stadt (polit. abgelöst durch Flavia Neapolis), nahe Nablus
[20] Skythopolis = heutiges Beth-Shean, 1970 aufgefundenes röm. Castell bei Tel-Shalem
[21] Zeloten = jüdische Widerstandskämpfer
[22] Pontius Pilatus = 26-36 n. Chr. Präfekt/Statthalter röm. Kaiser Tiberius
[23] Caesarea-Demonstration = gem. röm. Historiker/Geschichtsschreiber Flavius Josephus, (1961 archäologisch belegt)
      durch Auffindung der Pontius-Pilatus-Inschrift von Caesarea.
[24] Gessius Florus = 64-66 n.Chr. Beginn des großen jüd. Aufstandes (66-70), der zur Zerstörung Jerusalems führte
[25] Flavius-Josephus = jüd.-hellen. Historiker (*37 -- †100 in Rom) erhielt als Kriegsgefangener, nach Freilassung durch
      Kaiser Vespasian röm. Bürgerrecht, lebte von kaiserlicher Pension und seinen Landgütern in Judäa. Verfasste in seiner
      Freizeit Abfassung mehrerer Werke in griechischer Sprache.



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