Tribunus militum angusticlavius/Stabsoffizier Legio IX

Karriere-Laufbahn

Bild: -15- / WIKIPEDIA / Flottenstützpunkt Legionslager Brigetio a.d. Donau (Quelle: L. Barkóczi: Brigetio.1951)

Flottenstützpunkt Legionslager Brigetio a.d. Donau (Quelle: L. Barkóczi: Brigetio.1951)

"AN DEN UFERN DES DANUVIUS"
(Carnunto/Brigetio/Tribunis militis)

Octobris, 858 - ab urbe condita (A.D. 105)

im 7. Regierungsjahr des Erhabenen Trajan

Alea iacta est!
Die Entscheidung (der Würfel) ist gefallen!

(Julius Caesar 49 v.Chr.)

Nun bin ich schon wieder über eineinhalb Jahre in dieser neuen Garnison in Carnunto. Der Abschied von meiner Familie in der fernen Heimat fiel mir anfänglich sichtlich schwer, nur die tägliche Routine meines Dienstes half mir über diese ersten Monate nach meiner Ankunft, über diese Gemütslage hinweg. Viel Zeit dieser inneren Muse verblieb mir nicht, dann es gab viel vorzubereiten. Mein Kommando als Tribun in der Legio XI, deren Unterkommando als Marinesoldat der Donauflottille ich inne hatte, kostete ziemliche Vielschichtigkeit und Anforderungen. Bei meiner Ankunft in Carnunto im letzten Frühjahr, konnte ich nur staunen, welche Größe dieses Lager innehatte. Wie ich erfuhr, entwickelte sich dieses Militärlager seit seiner Gründung von 60 Jahren unter dem erhabenen Imperator Claudius anfänglich aus einem befestigten Holz-/Erdelager, zu einem vor einigen Jahren befestigten Legionslager, mit Steinmauern, einem weiteren Auxiliarkastell dem ich anfänglich zugeordnet wurde, und im Umkreis einer gallischen „leuga“[1] liegenden urbane Siedlung, bestehend aus Angehörigen u. Familien der Legionäre, Veteranen, sowie Kaufleuten. Die Siedlung war ein verkehrsgünstiger Knotenpunkt. Die Siedlung mit Lagern zählte zu diesem Zeitpunkt bereits an die 30.000 Menschen und versprach sich in den Folgejahren noch weiter auszudehnen. Diese Menschenansammlung entstand aufgrund einer außerordentlich günstigen Verkehrslage. Zum einen führte die sogenannte „Bernsteinstrasse“[2] aus dem fernen Norden hier entlang und weiter in den Süden an das Mare Nostrum[3], und kreuzte sich an diesem Orte auch mit der Handels- und Militärstrasse der Via Danuvia entlang des Donau-Limes, der weiter den Fluß entlang sich bis zum pontus euxinus[4] erstreckte. An diesem Grenzverlauf säumten sich die einzelnen Grenzkastelle wie Perlen an einer Schnur, nach Norden hin zu den Quaden, Markomannen und Sarmaten, gegen Osten und Süden hin gegen das Gebiet der Jazygen, Costoboken, sowie weiter im Osten der Roxolanen und Daker. Immer wieder gärte es hier unter dieser Bevölkerung, und entwickelten sich zu Aufständen gegen das römische Reich. Zwar waren einzelne Stämme bereits während des vorigen Dakerkrieges von vier Jahren besiegt und befriedet worden, andere jedoch, wie die Daker, hatten immer wieder gegen die römische Gebietsbeeinflussung aufbegehrt. Insbesondere ein Stammesfürst der damals als König sich erhob - Decebalus[5] - zuerst mit den Römern nach dessen Niederlage verbündet, schaffte er es immer wieder Unruhe unter die verschiedenen Stämme zu bringen.

Vor kurzem erhielten wir Meldungen, dass die mit den Römern verbündeten Stämme – der Jazygen von Decebalus Kriegerhorden angegriffen wurden. Auch einige kleine römische Auxiliarkastelle waren erstürmt worden, nur ein größeres etwas weiter östlich des Danuvius in Sarmizegetusa[6] ein Wirtschafts- und religiöses Zentrum in der Region Dakien war zwar stark beschädigt worden, hatte aber den Anstürmen der dakischen Truppen tapfer Stand gehalten. So waren in den letzten Monaten mehrere Legionen, sowie Auxiliar Einheiten der pannonischen Provinzarmee (exercitus Pannoniae) in Carnunto und Umgebung zusammengezogen worden. Zusammen mit der fest stationierten Legio XIIII Gemina, waren auch die Legio X Gemina pia-fidelis, als auch der Legio Adjutrix I+II im nahen Aquincum[7], Legio XXII Primigenia, Cohors I Alpinum, Legio XV Apollinae, Legio I Adjutrix, sowie wie berittenen Einheiten wie der Ala tertia augusta Thracum Sagittaria, anwesend. Insgesamt 15 Legionen wurden in der Region zusammengezogen. All diese waren zwar nicht unmittelbar in Carnunto quartiert, sondern z.T. in den umliegenden befestigten Kastellen, dennoch gab es ein stetes Kommen und Gehen der Befehlseinheiten. Wie wir inzwischen erfahren hatten, hatte unserer Imperator Trajanus angesichts der bedrohenden Situation, sich entschlossen, zu einem Kriegszug gegen Decebalus und seinen thrakischen Verbänden zu rüsten.

Meine Einheit bekam den Auftrag u.a. das 80 Meilen nahe Brigetio[8] zu erneuern, um es als neuen Stützpunkt zu beziehen. Nachdem die vorher darin stationierte Legio I Adjutrix aktiv in den ersten Dakerkrieg Trajan‘s vor vier Jahren eingriff, mussten wir vor der endgültigen Stationierung darin, die verlassene Befestigung kriegstechnisch ausbessern und optimaler befestigen. Einzelne Vexillationen unserer Legion waren auch im noch weiter entfernten Aquincum eingesetzt, u.a. auch dort die stationierte Legio II Adjutrix. So vergingen die Wochen mit den Vorbereitungen, bis die Meldung einlangte, dass Decebalus zu einem Grossangriff auf die römischen Befestigungen am Grenzverlauf des Donaulimes angesetzt hatte. Meine befehligte Einheit, wurde in diesen Wochen danach auch zur Sicherung der Grenze und deren umliegenden Siedlungen und Kastellen eingesetzt, während Meldungen weiter aus dem Süden der Provinz beunruhigende Nachrichten über Kampfhandlungen an uns herangetragen wurden. Vor allem machte aber die Runde, dass in den dortigen Kämpfen, der Statthalter ein Kommandeur einer römischen Einheit Gnaeus Pompejus Longinus, während einem fingierten Kapitulationsangebot von Decebalus, in Gefangenschaft geriet.

Weitere Leseprobe - An den Ufern des Danuvius (Stabsoffizier Legio XI/Brigetio a.d. Donau......

[1] Gallische Leuga = ca. 2.2 km Fläche

[2] Bernsteinstrasse = Handelsweg, von der Ostsee aus nach Süden führend ans Mittelmeer.

[3] Mare nostrum = Mittelmeer

[4] Pontus euxinus = heutiges Schwarzes Meer

[5] Decebalus = dakischer König nach Ende des 1. Dakerkrieges

[6] Sarmizegetusa = altes Handelszentrum auf dem Gebiet Rumäniens gelegen, 106 zerstört und später etwas weiter südlich neu errichtet als Veteranenkolonie Colonia Ulpia Traiana Augusta Dacica Sarmizegetusa

[7] Aquincum = heutiges Budapest a.d. Donau liegend

[8] Brigetio = Heutiges Szöny (Ungarn) – ca. 60 km donauabwärts von Carnuntum/Petronell liegend